Was macht die Qualität eines Reetdaches und des verwendeten Dachreets aus?

Haltbarkeit des Reetdaches Die Qualität eines Reetdaches ist von einer Vielzahl von Faktoren wie der Dachneigung, verschiedenen Konstruktionsdetails und dem verwendeten Material abhängig. All diese Faktoren sollten so gestaltet werden, dass ein übergeordnetes Ziel erreicht wird: Das fertige Reetdach soll während seiner Lebensdauer möglichst trocken sein. Ist das Dach nämlich über einen längeren Zeitraum feucht, so setzt bei ihm der Zersetzungsprozeß ein, der auch jedes andere organische Material unter Einwirkung von Feuchtigkeit abbaut. Um das Reetdach nun möglichst trocken zu halten, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
  1. Das Reet muß trocken eingebaut werden.
  2. Die Feuchtigkeit muß nach einem Regenguß an der Oberfläche bleiben und darf nicht tief eindringen.
  3. Die Dachoberfläche muß in der niederschlagsfreien Zeit schnell wieder austrocknen können.
Hieraus erwachsen umfangreiche Anforderungen an die Architektur und die Unterkonstruktion eines Reetdaches, auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll. Wir möchten hier die Frage nach den Anforderungen an das zu verwendende Dachreet stellen. Wie muß das Reet beschaffen sein, um das Trocknungsverhalten des Reetdaches zu Fördern? Welche weiteren Eigenschaften des Dachreets fördern die Qualität des Reetdaches? Vielfach diskutiert wird die Feinhalmigkeit des Reets im Zusammenhang mit der Festigkeit der Bindung. Es heißt, dass die Dachoberfläche aufgrund von Kapillarkräften die Feuchtigkeit länger hält, wenn feines Reet sehr stramm gebunden wird. Dieser Faktor kann durch die Bindetechnik und die Einbausituation (steile Dachflächen) beeinflusst werden. Jedoch bleibt der Aspekt, dass etwas gröberes Material zu einem diffusionsoffenerem Dach führt. Dann ist das Dach „gutmütiger” bezüglich eventueller Probleme bei der Unterkonstruktion, es verzeiht sogar den einen oder anderen kleinen Fehler. Messung der Reetqualität Neben geringer Feuchtigkeitsspeicherung spielt jedoch auch eine Rolle, wie gut das Material der Feuchtigkeit standhält bzw. wie schnell es verrottet. Diesbezüglich verlässt man sich bisher auf die Beurteilung durch den fachkundigen Reetdachdecker. Der Fachmann kann aus Erfahrung durch Anfassen, Fühlen, Brechen und die Farbe sagen, welches Material gut und welches schlecht ist. Diese Testmethode kann jetzt durch eine Meßmethode ergänzt werden. Eine Forschergruppe um den norddeutschen Wissenschaftler Dr. Kai-Uwe Schwarz hat nun auch wissenschaftlich die Qualitätsunterschiede von Reet nachgewiesen. Genauso wie bei Holz hat auch Reet je nach Sorte und Aufwuchsbedingungen eine andere Zusammensetzung. Für die Haltbarkeit von Reet hat Dr. Schwarz den Stickstoffgehalt als zentrales Kriterium identifiziert. Je höher der Stickstoffgehalt, desto schneller wird das Material bei Feuchtigkeit zersetzt. Je stickstoffärmer das Reet ist, desto besser ist die Qualität. Die Stickstoffkonzentrationen weisen bei den untersuchten Reetsorten eine Bandbreite von 0,2 – 0,7% auf. Das Erfreuliche an der Untersuchung ist, dass sie in den meisten Fällen zu denselben Ergebnissen kommt wie der Fachmann mit seiner Erfahrung. Die besten Reetsorten liegen tatsächlich im unteren Bereich bei einem Stickstoffgehalt von 0,2 - 0,3%. Und diese Reetsorten wachsen meistens auf nährstoffarmem, sandigem Boden und in kontinentalem Klima. Für die Haltbarkeit von Reetdächern gibt es somit ein weiteres Qualitätskriterium:
4. Das Reet soll möglichst wenig Stickstoff enthalten.
Qualitätskontrolle bei Hiss Reet

Jedes Jahr im Oktober/ November schippert Tom Hiss, Chef der norddeutschen Firma Hiss Reet durch das rumänische Donaudelta, um mit dem Reetspezialisten Dan Baltareanu die besten Reetfelder für die Ernte auszusuchen. Seit Herbst 2007 werden die hier gezogenen Proben auch auf ihre chemische Zusammensetzung untersucht. Nur das Reet mit den besten Ergebnissen und dem geringsten Stickstoffgehalt wird zur Ernte freigeben. Während der Ernte werden kontinuierlich Proben gezogen, um die guten Werte von der Feldbesichtigung im Herbst zu bestätigen. Nach der Ernte steht das Reet zur weiteren Austrocknung in Hocken und wird noch einmal untersucht, bevor es dann nach Holland, Deutschland und Dänemark verladen wird. In Zukunft soll an jedes verladene Paket ein Etikett angebracht werden, auf dem alle qualitätsrelevanten Merkmale vermerkt werden.